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Geschenkt!

No. 34 | 2019/2

«Obacht Kultur» No. 34, 2019/2 dreht sich ums Schenken.

Auftritt: Fridolin Schoch. Bildbeitrag: Christina Waidelich. Texte: Usama Al Shahmani, Ueli Rickenbach u.v.m.

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Alles, was erlaubt ist

von Margrit Bürer

Die Vergabe von Kulturfördermitteln in Appenzell Ausserrhoden basiert auf gesetzlichen Grundlagen. Die Unterstützung ist an die jeweiligen Projekte oder Preise gebunden, aber – im Gegensatz zum Sponsoring – nicht an eine direkte «Gegenleistung». Der Unterschied zwischen Sponsoring und staatlicher Kulturförderung ist nicht allen klar. Immer wieder treffen Unterstützungsgesuche ein, welche um einen Sponsoringbeitrag ersuchen und dafür eine – dem Betrag entsprechende – Werbefläche anbieten. Für den Staat ist Kultur nicht Werbeträgerin, sondern sie hat eine viel wichtigere Bedeutung, wie im Kulturkonzept von Appenzell Ausserrhoden festgehalten ist: «… sie stiftet gesellschaftliche und individuelle Identität, vermittelt Werte, befriedigt geistige und seelische Bedürfnisse …». Mit anderen Worten: Kulturförderung ist auf das Gemeinwohl ausgerichtet. Die mit der Kulturförderung betrauten Personen sind als Angestellte von öffentlichen Verwaltungen folglich den entsprechenden gesetzlichen Grundlagen verpflichtet. Zum Schutz des Vertrauens der Öffentlichkeit in die Verwaltung, aber auch zur Absicherung der Mitarbeitenden, sind Regeln festgehalten, um (dem Anschein) von korruptem Verhalten oder Ansätzen von «Bestechungen» vorzubeugen. 

An der Landsgemeinde in Innerrhoden schwören die Landleute (Stimmberechtigten), «dass sie von keinem Fürsten noch Herrn keine besondere Pension, Schenkungen, Miet oder Gaben nehmen wollen, es sei denn in den Landsäckel». Die vom Kanton Appenzell Ausserrhoden Beschäftigten dürfen laut des Regierungs- und Verwaltungsorganisationsgesetzes «im Rahmen ihrer amtlichen Tätigkeit keine Geschenke oder andere Vorteile beanspruchen, annehmen oder sich versprechen lassen. Ausgenommen sind übliche Gelegenheits- und Höflichkeitsgeschenke von geringem Wert.» Was unter Letzterem zu verstehen ist, wird nicht präzisiert. Ähnliches ist in Gesetzen, Verordnungen und Kodexen anderer Kantone festgehalten, wie die Kolleginnen und Kollegen der Ostschweizer Kulturbeauftragten auf Nachfrage bestätigen. In den Kantonen Zürich und Glarus sind Höflichkeitsgeschenke solche «bis zu einem Marktwert von höchstens 200 Franken». Andere Kantone machen den geringen Wert an der Faustregel fest, dass es in einem Tag zu verzehren ist. Der Appenzeller Biber, die gängige und beliebte Währung in Ausserrhoden, wäre damit wohl als Höflichkeitsgeschenk zu bezeichnen – auch wenn er sich nur in einer grösseren Runde an einem Tag verspeisen lässt. Im Kanton St. Gallen geht schon mal eine Kiste Wein zurück an den Absender. Im Kanton Thurgau wiederum kommt ausser ein paar Pralinés kaum je etwas ins Amt. Obschon es der Verzehrregel entsprechen würde, sind Einladungen zu Mittag- oder Abendessen möglichst zu umgehen. Geschenkte Bücher, CDs oder Bilder werden in die kantonalen Sammlungen überführt. Hingegen können Freibillette für Kulturveranstaltungen – sofern diese mit Kulturfördermitteln des Kantons unterstützt wurden – ohne Bedenken angenommen werden. Damit lassen sich die geförderten Projekte begutachten und durch die persönliche Anwesenheit zugleich eine wichtige Wertschätzung übermitteln. Diese reglementierten Handhabungen berücksichtigen jedoch nicht, dass es geförderten Kunst- und Kulturschaffenden ein ehrliches Bedürfnis ist, sich bedanken und ihre Werke teilen zu können.

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