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Geschenkt!

No. 34 | 2019/2

«Obacht Kultur» No. 34, 2019/2 dreht sich ums Schenken.

Auftritt: Fridolin Schoch. Bildbeitrag: Christina Waidelich. Texte: Usama Al Shahmani, Ueli Rickenbach u.v.m.

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Thema

Schenken

Schenken oder das Prinzip der Gegenseitigkeit

Schenken ist eine soziale Handlung, die alle Kulturen von alters her kennen und pflegen: Geschenke helfen, Beziehungen zu erhalten oder zu vertiefen. Meistens sind sie Zeichen der Zuneigung oder des Dankes. Geschenke sind also oft ein freundlicher, selbstloser Akt. Aber harmlos sind sie nicht immer; sie enthalten manchmal auch einen bewussten oder unbewussten Anspruch auf eine Gegenleistung. Im schlimmsten Falle sind sie belastend, ja sogar «vergiftet».

Jede Region und jeder Anlass kennt besondere Formen des Geschenks: Neben sorgfältig ausgesuchten und sehr persönlichen Präsenten zu besonderen Momenten, neben offiziellen oder rituellen Gaben gibt es auch Verlegenheitsgeschenke, Mitbringsel oder Give-aways. Im grösseren und allgemeineren Umfang können Geschenke ferner die Form von Stiftungen, Spenden oder Zuwendungen haben. Aber auch der Tausch gehört dazu. Im Folgenden sind einige Gedanken und Beispiele von besonderen Geschenkformen, von auf Geschenke spezialisierten Läden, von Schenkenden und Beschenkten aus dem Appenzellerland zusammengetragen.  (ic)

 

Schenken zwischen Passion und Zwang

Wer schenkt oder meint, schenken zu müssen, kommt nicht selten in Bedrängnis. Dabei hilft doch wie in so mancher fraglichen Situation das Internet. Google weiss, was zu schenken ist, und wartet mit einem unfassbaren Angebot und speziellen Tipps auf. Eine Bandbreite zwischen Bodyflying und Master-Grillkoffer, Portemonnaies oder Liebesschlössern mit und ohne Gravur, Parfum oder Zeichenstiften, Schmuck, Design und Handwerk! Und schon meldet sich der lähmende Wahlstress. Angepriesen werden verschiedenste Gattungen: einzigartige Geschenke, Geschenke für Männer, solche für Frauen, ausgefallene, individuelle, persönliche, stilvolle ... dem Einfallsreichtum scheinen keine Grenzen gesetzt.

Wer ob all den überfordernden Optionen auf handfesten Boden zurückkehren will, befragt Wikipedia. «Ein Geschenk ist die freiwillige Eigentumsübertragung einer Sache oder eines Rechts an den Beschenkten ohne Gegenleistung – also unmittelbar zunächst kostenlos für den Empfänger. Im übertragenen Sinn kann man auch jemandem seine Aufmerksamkeit, sein Vertrauen oder seine Liebe schenken.»

Nebst uneigennützigen, reine Freude bereitenden Beweggründen für das Geben sind Geschenke auch Botschaften für Dankbarkeit, Ausdruck von Liebe, Freundschaft und Verbundenheit. Sie sind allenfalls Belohnung oder mit berechnender Erwartung gar Bestechung. Sie können auch Druck auslösen, mit erzieherischen Strategieabsichten belehrend sein. Auch all die offiziellen staats- und institutionsgebundenen Geschenke sind juristisch definiert oder durch einen Kodex gewohnheitsrechtlich festgelegt. 

Am schönsten ist das freie, persönliche Schenken oder Beschenkt-Werden ohne berechnende Absichten, ohne Pflichtgefühle. Schenken ist menschliches Aufeinander-Zugehen. Es sollte lustvoll und spielerisch sein, geistreich, ironisch und verschmitzt. Empathie ist vielleicht der Schlüssel zu gelungenem Schenken, und erfolgreich ist Schenken, wenn es überraschend, unerwartet, witzig ist, wenn es verblüfft und tief im Herzen erfreut. Geboren aus einer Idee, die etwas auf den Punkt bringt, eine feinsinnige Botschaft, ein Zeichen, eine Zuneigung. Wer sich gerne einlässt auf Menschen, aufmerksam und wach ist bei gemeinsamen Stunden und gemeinsamen Unternehmungen, hat gute Karten. Menschen wahrnehmen in ihrem Tun und in ihrem Lebensstil, mit ihren offenen und verborgenen Wünschen, Erwartungen, Träumen und Sehnsüchten ist bereichernd und ideale Voraussetzung für intuitive, gute Geschenkideen. Beim Schenken ist alles erlaubt, und ein perfektes Geschenk trifft ins Schwarze. Schenken ist letztlich eine grossartige wortlose und auch geheimnisvolle Geste.  (an)

 

Tauschen: unter Kunstschaffenden besonders beliebt

Am Schluss kommt der grosse Tausch: Die Künstlerinnen und Künstler holen ihre Arbeiten ab, sie kommen ins Gespräch, ihre Kunstwerke im Postkartenformat wechseln die Hände: «Die Atmosphäre ist sehr schön!» Birgit Widmer gerät ins Schwärmen, wenn sie von den Ausstellungen in der Bahnstation Strahlholz erzählt und vom Kunsttausch am Ende des Ausstellungswochenendes. Seit vielen Jahren schon wird das Strahlholz für zwei Tage vom «Halt auf Verlangen» zum Halt für die Kunst. Und weil alle Kunstwerke gleich gross sind und gleich viel kosten, nämlich dreissig Franken, ist das Tauschen einfach. Aber verschenkt wird auch: «Die Künstlerinnen und Künstler freuen sich über die Aktion und schenken eine Postkarte als Dank für die Arbeit», sagt Birgit Widmer und betont zugleich, der eigentliche Wert eines Werkes spiele unter Künstlerinnen und Künstlern weniger eine Rolle. «Man weiss, worum es geht, wenn man künstlerisch arbeitet.» Nämlich nicht um den Aufbau einer Kunstsammlung, sondern «um den Austausch, um die Gedanken an-einander», betont H. R. Fricker. Der Trogner Künstler ist einer der Pioniere der Mailart-Szene. Diese Künstlerinnen und Künstler sandten sich bereits in den 1980er-Jahren Arbeiten per Post zu, «weil sie nicht mehr aus der Kunstgeschichte lernen und ihre Anregungen bei Picasso oder Duchamp suchen wollten, sondern bei jenen, die jetzt schaffen», so H. R.  Fricker. Eine zweite Motivation war die gegenseitige Wertschätzung: «Per Post schenken sich Mailart-Künstler auch Aufmerksamkeit und fordern einander auf, dran zu bleiben, weiterzumachen.» Diesen Austausch hat das Internet verändert; H. R.  Fricker beobachtet auch dort, woran Künstlerinnen und Künstler arbeiten. Aber wenn ihm Werke gefallen, fragt er an, ob die Originale zu kaufen seien, denn für den Tausch ist der persönliche Bezug wichtig. Das bestätigen auch Ueli Alder und Nora Rekade. Beide haben vor allem im Studium und im Anschluss daran viel getauscht. Für den Urnäscher war es jeweils eine besondere Freude, nicht die perfekten Fotografien zu tauschen, sondern jene Prints «die abverhait sind, die man selber behalten hat, weil sie speziell sind. Arbeiten ausserhalb des Kontextes, die gerade nicht im Katalog oder in der Galerie gelandet sind, sind viel spannender.» Und solche erhält man eben nur durch einen guten persönlichen Kontakt. Zudem bieten diese getauschten Werke wertvolle Erinnerungen an das gegenseitige Interesse aus der Studienzeit, «als sowieso niemand Geld hatte», so Nora Rekade. 

Auch für Vera Marke ist die Nähe zu den Künstlerinnen und Künstlern Voraussetzung: «Kunst schenken und tauschen hat etwas Intimes. Ich tausche nicht mit jedem.» Aber wenn sie tauscht, kann sich daraus ein jahrelanger Prozess entwickeln; so hat die Herisauer Künstlerin mit H. R.  Fricker halbjährlich Kunst getauscht und regelmässig auch Kunst in Postkartengrösse mit Birgit Widmer. Schenken ist hingegen heikel: «Es gibt Künstler und Künstlerinnen, die im Verdacht stehen, Bestechungsgeschenke zu machen oder sich einschmeicheln zu wollen. Meinen Studentinnen und Studenten bringe ich bei, dass es wichtig ist, sich rar zu machen und den eigenen Wert zu kennen.» 

Vera Marke schwärmt von einer Arbeit, die sie von Thomas Stüssi erhalten hat, die eigentlich ein Teststück von seinem «Slow Flow» für den Schaukasten Herisau ist. Sie gehört also zu den Stücken, wie sie Ueli Alder beschreibt, zu den Überbleibseln, den Recherchematerialien, den Experimenten. Eine klassische vorbereitende Arbeit sind Zeichnungen, so eine hat Vera Marke sogar noch zugute von Thomas Stüssi: «Vera hat noch etwas ausstehen. Eine Zeichnung im Zusammenhang mit meiner Diamantensuche.» Aber auch Stüssi hat etwas ausstehen, wie Nora Rekade berichtet: «Als wir einmal über meine Arbeiten sprachen, sagte er, eine gefalle ihm besonders, und ich entschied: Er bekommt sie zum vierzigsten Geburtstag. Das war im vergangenen Jahr.» – und so bleibt der Prozess in Gang, die Verbindungen bestehen, der nächste Tausch folgt.  (ks)

 

Die Ernst Hohl-Kulturstiftung: Ein Haus aus Liebe zum Appenzellerland

Das «Haus Appenzell» will Ernst Hohl nicht nur als Geschenk an das Land rund um den Säntis verstanden wissen, obwohl es hier so empfunden wird. Es sei auch eine Institution, die ihm ermögliche, einen Hang auszuleben, den er seit je in sich verspüre. Er fühle sich in hohem Masse verbunden mit dem Appenzellerland, sei ein Pendler zwischen hier und Zürich – und zwischen der Schweiz und Asien.

Die Liegenschaft mitten im Zürcher Bankenviertel hatte Ernst Hohls Vater 1933 erworben – während der Krisenzeit. Sie diente ihm als Sitz seiner Firma. Die «Ernst Hohl & Co.» fertigte und entwarf Stilmöbel im oberen Preissegment und war in der ganzen Schweiz und im Ausland tätig. Die Intérieurs etlicher Hotels im Berner Oberland und im Engadin und die Kabinen der Zeppelin-Luftschiffe wurden hier gestaltet. Die repräsentative Eingangshalle, welche heute das Ambiente im Haus Appenzell prägt, sollte einst zeigen, dass die Firma höchste qualitative und ästhetische Ansprüche zu erfüllen vermag.

Ernst Hohl junior wurde 1943 geboren. Als sein Vater Zünfter werden wollte – in seiner Wahrnehmung eine geschäftliche Notwendigkeit – und die Zünfte dazumal nur Zürcher aufnahmen, bewarb er sich um das städtische Bürgerrecht. Doch der Sohn intervenierte energisch: «Papi, ich will Appenzeller bleiben!» Deshalb ist Ernst Hohl heute Doppelbürger von Zürich und Heiden.

Die Schulen durchlief er in Zürich, die Wochenenden aber verbrachte er in Urnäsch bei seinen Grosseltern, half zusammen mit den Bauernbuben beim Heuen, Emden und Misten, wetteiferte mit ihnen, wer die grössere Burdi tragen könne.

Die appenzellische Kultur ist für Ernst Hohl mit einer Art Geheimnis verbunden – wie alle Hirtenkulturen. Die appenzellische Musikalität erinnert ihn an Klänge, die er in buddhistischen Klöstern hörte; den leicht spöttischen Umgang mit der Wirklichkeit, den Hang zur Ironie, das Miteinander von Witz und Melancholie findet er nicht nur rund um den Säntis, sondern auch in ländlichen Gegenden Asiens. «Und diese Kulturen haben Tiefgang», hat Hohl immer wieder erfahren, «auf die Leute kann man sich verlassen.»

Bereits nach dem Tod seines Vaters 1976 dachte Ernst Hohl daran, die Firmenliegenschaft in eine Stiftung einzubringen. Er sah damals, wie schwierig es für Appenzeller Künstler – beispielsweise seinen Freund Carl Walter Liner – war, in Zürich einen Ausstellungsort zu finden. Das wollte er ändern.

Und noch ein anderes Motiv beeinflusste sein Handeln. Ernst Hohl wollte sicherstellen, dass das nahe beim Paradeplatz gelegene Haus nicht in falsche Hände geriet. Dem Vertreter einer Bank, der unmittelbar nach dem Tod seines Vaters bei ihm vorsprach, um sein Kaufinteresse anzumelden, wies er die Tür mit der Bemerkung, die Pietätsgrenze sei überschritten.

Ein nicht selbst verschuldeter Autounfall, den er mit Glück überlebte, hinterliess in ihm das Gefühl, ein zweites Leben geschenkt bekommen zu haben: «Ich merkte, dass ich mit der Stiftung vorwärtsmachen musste, schon im Interesse der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die mich immer getragen hatten.»

Mit dem «Haus Appenzell» verfügen das Appenzellerland und das Toggenburg in Zürich nun seit 2006 über einen Ort, den Carlo Schmid, ehemaliger Innerrhoder Landammann und Ständerat, einst als «Botschaft» bezeichnet hatte. Die jährlich stattfindenden Ausstellungen, welche stets einen thematischen Bogen zur Region rund um den Säntis schlagen, finden Anklang. Die Vernissagen und Begleitveranstaltungen sind regelmässig überbucht – und durchaus nicht nur von (Heimweh-)Appenzellerinnen und Appenzellern. Er stelle immer wieder fest, dass das Appenzellerland in Zürich und anderswo über einen ausserordentlichen Goodwill verfüge und auch bei der jüngeren Generation auf grosses Interesse stosse, sagt Ernst Hohl. Kuratorin der Ausstellungen ist Ernst Hohls Gattin Hao Hohl-Yu, die aufgrund ihrer ehemaligen Tätigkeit beim chinesischen Staatsfernsehen immer wieder Verbindungen nach China schafft. Auch erhalten Künstlerinnen und Künstler aus dem Appenzellerland, deren Arbeitsweise zum jeweiligen Ausstellungsthema passt, Gelegenheit, aussergewöhnliche Projekte zu realisieren; so beispielsweise der Innerrhoder Stefan Inauen und der Ausserrhoder Ueli Alder. Inauen entwarf für das Jubiläum «AR°AI 500» hochwertige Möbel, die im Haus Appenzell gefertigt wurden und als Geschenk nach Ausserrhoden gingen, während Alder mit einer historischen Kamera das Appenzellerland durchstreifte. Die dabei entstandenen Aufnahmen waren ein Geschenk für Innerrhoden.

Ernst Hohl amtiert als Präsident, führt die Stiftung wie ein Unternehmen mit klaren Zielen, ganz ähnlich, wie er einst sein Versorgungsregiment geführt hatte. Das Militär war für ihn neben vielem anderen Lebensschule und Ausbildungsort. Momentan ist Ernst Hohl besonders gefordert. Das Haus Appenzell wird aus Mieteinnahmen alimentiert. Und zurzeit sind in Zürich – wie in allen Städten – selbst Liegenschaften an bester Lage nicht mehr leicht zu vermieten. Aber Ernst Hohl glaubt an die Zukunft, plant seine Ablösung, gibt Wissen und Erfahrungen an jüngere Leute weiter. Und will weiterhin Pendler bleiben und im Appenzellerland Kraft tanken.  (sri)

 

Museums-Shops: Zwischen Kunsthandwerk und Kommerz

Ob eigenes Erinnerungsstück oder Mitbringsel: Wer Museen besucht, findet in deren Shops meist ein geeignetes Geschenk. Dass Museums-Shops ein einträgliches Geschäft sein können, wird daran deutlich, wie umfangreich sie teils sind. Mehrere Räume umfassen sie beispielsweise im Victoria and Albert Museum in London. Bei Besucherinnen und Besuchern beliebt ist auch ein ausgesuchtes Angebot wie im Shop der Basler Fondation Beyeler. Was einen attraktiven Museums-Shop ausmacht, wird sogar in Kursen vermittelt. Der Spagat zwischen Kunst und Kommerz ist gross: zwischen Objekten, die für die Institution und ihr Betätigungsfeld stehen, und jenen, die keinen Bezug zum Haus haben und eher auf Massentauglichkeit schielen. Shops von Appenzeller Museen bewegen sich ebenfalls in diesem Spannungsfeld. Ein Besuch im Brauchtumsmuseum in Urnäsch, im Volkskunde-Museum in Stein und im Henry-Dunant-Museum in Heiden zeigt Unterschiede, aber auch Gemeinsamkeiten bei der Zusammenstellung des Angebots. 

Klein, aber fein präsentieren sich die wenigen Regale im Dunant-Museum und im Brauchtumsmuseum. «Wichtig sind mir regionale und traditionelle Produkte», betont Monika Steingruber, Geschäftsführerin des Museums in Urnäsch. Und zeigt bestickte Tüechli und handgeritzte Motive auf Gläsern, die im Dorf hergestellt werden, aber auch Urnäscher Konfi und Sirup. Bei Touristen beliebt sei neben den Kinderbüchern von Lilly Langenegger alles rund ums Silvesterchlausen – ob auf Karten, Servietten oder auf CDs. Wobei Appenzeller Musik generell gerne als Andenken erstanden werde. Gerne gekauft werden zudem Nidelzeltli sowie die gezeichneten und gemalten Kunstkarten mit Brauchtums-Motiven oder Postkarten aus dem Appenzellerland.

Auf solche Karten lässt sich zum Versenden eine eigens gestaltete Web-Stamp des Dunant-Museums kleben, die laut Mitarbeiterin Christine Rabus sehr beliebt sei. Die Dunant-Briefmarke soll nun für den Versand nach Deutschland auch als 1.30er-Marke angeboten werden. Ansonsten fokussiert der Shop in Heiden auf Bücher. Neben Werken zu Henry Dunant – besonders geschätzt wird «Der Zeitreisende. Die Visionen des Henry Dunant», ein Roman von Eveline Hasler – finden sich Werke zu Themen wie Friedenspolitik, Völkerrecht und Gesellschaftsfragen. Zur Sonderausstellung über die «Starken Frauen um Henry Dunant» steht eine Biografie über Baronin Bertha von Suttner oder auch «Good Night Stories for Rebel Girls – 100 aussergewöhnliche Frauen» im Gestell. Typische Geschenkartikel gibt es im Dunant-Museum ausser Notizblöcken und Bleistiften wenige, aber das soll sich ändern: In Zusammenarbeit mit der Schule für Gestaltung St. Gallen werden originelle, eigenständige Geschenkobjekte entwickelt.

Das Volkskunde-Museum Stein profitiert davon, dass etliche Andenken im eigenen Haus hergestellt werden können. Auf dem Plattstich-Webstuhl bestickte Tischsets, Kissen oder Brotsäckli sind ebenso zu kaufen wie Hemden, die an der Handstickmaschine des Museums produziert werden. Der Shop des Museums in Stein ist entsprechend der Grösse des Hauses der umfangreichste der drei Museen und erweckt zunächst den Anschein eines Kiosks, weil der Blick als Erstes auf Zeitungen und Zeitschriften fällt. Geschäftsführerin Sandra Nater-Schönenberger bestätigt: «Im Dorf gibt es keinen Kiosk, und darum werden Zeitungen und Zigaretten gerade auch sonntags sehr geschätzt.» Das Angebot im Shop ist breit: Flüssige Spezialitäten von Goba und Locher in Flaschen, Bücher, CDs, Chüeligürtel und Sennenhemden aus regionalen Quellen und allerlei «Swiss Made»-Produkte stehen dicht beieinander. Museumsmitarbeiterin Stephanie Bickel verweist auf die begehrten hiesigen Nastüechli, aber auch auf Portemonnaies und Etuis, hergestellt vom gemeinnützigen Verein «Mensch – Natur» aus Herisau.

Was denn auch für alle drei Institutionen gilt: Im Zentrum stehen in der Region hergestellte Produkte mit Tradition, einem Bezug zum Brauchtum oder zum Museum. Solche Andenken kaufen dann nicht nur Touristen gerne: Es ist «Appenzellisches», das Einheimische ebenso verschenken können.  (as)

 

Geschenkläden: Für Leute, die schon alles haben

Sie heissen «Kaleidos», «Cuculino» oder «Landleben», und ihr Name ist Programm: Wenn man im Appenzellerland auf der Suche nach einem aussergewöhnlichen Geschenk ist, könnte es sein, dass man sich in einem dieser Läden wiederfindet.

«Früher bedankte man sich für eine private Einladung mit einem Geschenk oder stellte der Nachbarin auch einmal etwas vor die Türe. Diese Gesten sind am Aussterben», stellt Andrea Igel bedauernd fest. Sie führt seit elf Jahren das Geschäft «Landleben» im Dorfkern von Teufen, einen Blumenladen, der auch Wohnaccessoires verkauft: geschmackvoll bedruckte Servietten, Vasen in Ananasform, seidene Haarspangen, goldumrandetes Teegeschirr, Lüster, Lampen. Blumen und Objekte sind farblich sorgfältig aufeinander abgestimmt und kunstvoll beiläufig arrangiert. Auch die Wände werden für jede Verkaufssaison neu gestrichen. Weil heute im Internet jeder alles kaufen kann, lebt der Laden einerseits vom Atmosphärischen und andererseits von der persönlichen Beratung und der ausgesuchten Verpackung. Die teilweise von weit her angereiste Kundschaft sucht gemäss Andrea Igel immer mehr das Exquisite: Gerade lässt sich eine Kundin Bio-Marmelade zu zwölf Franken und eine Bodylotion aus Kaschmir-Ziegenmilch einpacken. Die Blumen werden eher von Männern gekauft. Pragmatisch im Ansatz, bevorzugen die meisten die bereits gebundenen und fertig verpackten Sträusse. Appenzeller Artikel führt Andrea Igel nicht, denn Souvenirs, findet sie, passen nicht in ihr Sortiment.

Auch das «Cuculino» in Urnäsch ist keine reine Ladenfläche. Es ist ein Erlebnisraum, in welchem man in die Welt von Katja Schmid eintaucht. Sie ist fest im Dorf verwurzelt und hat vor einigen Jahren mit dem Verkauf von Kinderspielsachen und -büchern begonnen. Später erweiterte sie ihr Sortiment und baute zusammen mit ihrem Mann die «Gnusswerkstatt» auf, ein Geschäft mit auserlesenen Spezialitäten aus kleinen Manufakturen. Seit einem Jahr sind beide Läden an der Feldstrasse zusammengeführt.

Im «Cuculino», eingebettet zwischen dem Hotel Krone und der Gemeindeverwaltung, findet man etwas überraschend Seifen, Kerzen und Heimtextilien in schlichtem Design und nordisch kühlen Farben. Es herrschen Beige, Moosgrün oder Himmelblau vor. Aber es gibt auch knallbuntes Melamin-Geschirr, nostalgische Papeterieartikel, Vintage paint und anderes zur Heimverschönerung. Und auch die Kinderspielsachen sind noch da. Die Kundschaft setzt sich aus Schwägalp-Touristen, Reka-Feriendorf-Familien und Einheimischen zusammen. Die einen lassen sich spontan vom Angebot verführen, andere kommen mit Listen und kaufen systematisch ein. Darauf angesprochen, dass sie ausgerechnet in Urnäsch – dem Dorf, das sich den Traditionen verschrieben hat – Dinge verkauft, die man auch in Malmö oder Madrid findet, meint Katja Schmid selbstbewusst: «Ich liebe das Hiesige. Aber das Andere hat bei mir auch Platz.»

Herisauer und Herisauerinnen kaufen ihre Geschenke gerne im «Kaleidos»; dieses Geschäft an der Bahnhofstrasse führt seit vielen Jahren Artikel, die «den Alltag bereichern und dem Spirituellen Raum geben», wie es auf der Webseite heisst. Im Angebot sind Heilsteine, Klangschalen, Engel-, Drachen- und Fabelfiguren, bunte Aurasoma-Fläschchen und Literatur zum «Waldbaden» oder zu «Runen-Ritualen». Kathrin Löw-Rippstein hat vor 28 Jahren mit ihrem Mann begonnen, ätherische Öle zu vertreiben, und seit 14 Jahren ist das Geschäft am heutigen Standort. Ihre Produkte, sagt sie, seien vor allem Transportmittel für das eigentliche Geschenk; mit dem Tee will man letztlich Zeit schenken, mit dem Badesalz Entspannung. Das Verkaufsgespräch nimmt im «Kaleidos» eine sehr wichtige Rolle ein; oft kommen die Leute mit bestimmten Themen in den Laden und schütten ihr Herz aus. Das Personal hat eine ganze Wand mit Flyern zu therapeutischen Angeboten zur Hand. Überhaupt könne das Geschäft wohl auch dank der im Kanton sehr grossen Offenheit gegenüber alternativen Heilmethoden bestehen, sagt Kathrin Löw, die selbst lange Jahre Salben-Kochen unterrichtet hat. Manche Kundinnen und Kunden empfänden auch schon den Aufenthalt im Laden als Geschenk. (ic)

Texte verfasst haben Isabelle Chappuis, Agathe Nisple, Kristin Schmidt, Hanspeter Spörri und Andreas Stock. 

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